Tedesco – Predigt Karlsamt, Frankfurt am Main, Kaiserdom St. Bartholomäus

27-01-2024

«Was haben wir mit Dir zu tun, Jesus von Nazaret?» (Mk 1, 24): diese stürmischen und unbequemen Worte erklingen aus dem Mund eines besessenen Menschen, den wir heute im Markusevangelium treffen. Es ist nicht nur der Schrei eines gestörten Menschen, sondern vielleicht auch die ursprünglichste Reaktion, die jede Person gegenüber dem Evangelium Christi haben kann. Wenn wir das Wort des Evangeliums ernst nehmen und wirklich auf unser Leben und unsere Zeit auslegen, dann löst das Evangelium unweigerlich ein Gefühl der Fremdheit, ein beißendes Unbehagen, eine eindringliche und dauerhafte Provokation aus. Das war schon immer so und wird auch für den heutigen Menschen so bleiben. Es ist einfacher, sich in eigenen Gewissheiten wohlzufühlen, an unserem Ich haften zu bleiben, an unseren gewohnten Vorstellungen, unserem mehr oder weniger bewussten Zusammenleben mit dem Bösen und an unserer Illusion unbegrenzter Autonomie, ohne Solidarität mit anderen zu hängen. «Unrein», wie dieser Mann im Markusevangelium beschrieben wird, bedeutet ja im biblischen Kontext «der Gotteswelt entfernt», von der Gemeinschaft getrennt, bewohnt von bösen Gedanken des Egoismus, die nicht von außen kommen, sondern aus dem Herzen des Menschen (vgl. Mth 15, 19-20).